Das biomechanische Schiff

Es ist der 23.Februar des Jahres 2741, einer dieser typischen langweiligen Tage für den kleinen Erik.
Sein Vater ist wie üblich bei seiner Arbeit im LUNA-Museum auf dem Mond, wo er die Ausstellung der antiken Landeeinheiten betreut und seine Mutter sitzt auch wieder längstens an ihren Teleskopen und kartographiert den Andromeda-Nebel.
So kommt es, dass Erik schon wieder alleine zu Hause auf der Erde sitzt und fast vor Langeweile umkommt.



Glücklicherweise hat ihm seine Tante Isis zu dem letzten
Weihnachtsfest eine fliegende Untertasse - ganz für ihn allein - geschenkt!
Erik bricht also von Zuhause auf und fährt mit der Straßenbahn zu der großen Kuppel des Astrodomes, wo seine Untertasse - wie viele andere auch - geparkt ist.




Sein Raumschiff sieht aus wie eine große Qualle mit einem flachen halbkugelförmigen Rumpf von dem vier lange Tentakeln weggehen, die jetzt quer über dem Boden des Astrodomes liegen und die Pilotenkanzel knapp über dem Boden halten.
Andere Schiffe haben birnenförmige Rümpfe und kürzere Tentakeln oder breite, flache Untertassen.
Erik geht auf sein Schiff zu und schaltet mit seiner Fernbedienung den Eingang zu seinem Raumschiff ein.
An der Unterseite der Pilotenkanzel, die auf den Tentakeln thront, bildet sich nun eine Röhre, die herabzufließen scheint wie ein dünner Brei.

 



Erik steigt in die Röhre ein und lässt sich von ihr in das Innere des Schiffes heben.
Im Inneren ist alles erhellt von Lichtern, die aus den Wänden zu strömen scheinen.
Es ist aber kein elektrisches Licht, sondern ein natürliches, so wie es Fische haben, die in den Tiefen der Meere leben.
Es gibt einen großen Tisch und einen Stuhl auf dem sich Erik sogleich niedersetzt.
Alle Gegenstände scheinen direkt aus dem Boden herausgewachsen zu sein.
Denn dies ist das Geheimnis um das Sternenschiff: es ist ein biomechanisches Schiff, es ist also sowohl eine Maschine als auch ein Organismus, so wie ein Lebewesen.
Vor der Erfindung der biomechanischen Technologie bauten die Menschen alle Dinge aus Rohstoffen, die man unter großem Aufwand aus dem Erdboden holen musste und die nicht in unendlicher Menge verfügbar waren.




Erik berührt die Oberfläche des Tisches, worauf sich ein Computer einschaltet, der das Schiff startet.
Auf einem Display sieht er nun auch den Namen: PLEIADES nach der Sternengruppe der Pleiaden.
Langsam verlässt das Schiff den Astrodom, schießt dann wie ein Blitz in den blauen Himmel, lässt die weißen Wolken weit unter sich und fliegt den Sternen entgegen.



Der blaue Himmel wird tiefschwarz als es die Lufthülle der Erde verlässt und die fernen Sterne funkeln wie tausend kleine Lichter in der Finsternis.





Aus dem Sonnensystem heraus

Schon nach wenigen Augenblicken hat Erik den Mond, auf dem seine Eltern arbeiten, hinter sich gelassen und nähert sich nun den großen Gasplaneten.
Der erste ist Jupiter, der von braunen, weißen und roten Wolkengürteln umgeben ist.
Dann kommt Saturn mit seinen wunderbaren Ringen.




Uranus und Neptun sehen aus wie blaue Murmeln am Himmelszelt und der winzige Pluto zieht weit draußen seine Bahn.
Erik wirft kurz einen Blick zurück auf die Sonne, die jetzt kaum größer wie die anderen Sterne wirkt.
Erik blickt wieder nach vorne.
Der Sonnenwind wird jetzt immer stärker, erreicht seinen Höhepunkt, als er auf das interstellare Medium - eine Ansammlung von Wasserstoffwolken zwischen den Sternen - trifft und verebbt schließlich.





Die Kometenwolke

Doch noch hat Erik das Sonnensystem nicht endgültig verlassen.
Plötzlich tauchen glitzernde Eisbrocken auf, die in der Nacht des Weltalls schimmern.
Dies sind die Kometen, die weit entfernt von der Sonne und den Planeten kreisen und manche von ihnen statten uns ab und zu einen Besuch ab, wobei sie wie Sternwerfer sprühen.
Erik fliegt vorsichtig an den Eisbrocken vorbei und in die Weiten der Galaxis hinaus.






Die Nebel

Erik ist schon ein paar Stunden unterwegs, als er vor sich etwas wunderschönes entdeckt.
Farbenprächtige, bunte Sternennebel, die weiß, rot und blau glühen und in denen neue Sterne entstehen.
Der Trifid-Nebel ist zur einen Hälfte rot, die andere ist blau.
Schwarze Wolken ziehen sich quer durch ihn hindurch und zerteilen ihn wie eine Torte.
Der größere Lagunen-Nebel ist blutrot und mitten in ihm strahlt ein blendend weißes Feuer.
Das Raumschiff fliegt am Rande des Nebels vorbei und Erik kann um manche der neuen Sterne Scheiben kreisen sehen, aus denen Planeten entstehen werden.






Zwischen den Spiralarmen - die Dunkelwolken

Vor der PLEAIDES lichten sich nun die Sterne allmählich als sie den Sagittarius-Carina-Spiralarm verlässt und dem nächsten entgegenfliegt.
Erik fühlt sich leicht unbehaglich ohne die Sterne, die an ihm vorüberziehen.
Plötzlich bemerkt er vor den Sternen, auf die er nun zusteuert, einen schwarzen Schatten, der langsam vorbeizieht.
"Dies muss eine der Dunkelwolken sein", dachte er.
Seine Mutter hatte ihm erzählt, dass es sie zwischen den Spiralarmen der Galaxis geben soll und aus ihnen entstünden all die leuchtenden, farbenprächtigen Nebel.
Erik jedoch jagt der schwarze drohende Schatten einen Schrecken ein und er steuert sein Schiff nun auf den galaktischen Kern zu.






Junge Sterne - der galaktische Kern

Erik starrt hinaus auf das Spektakel, das sich ihm darbietet, als er sich dem Zentrum der Galaxis nähert.
Die Sterne drängen sich nun immer dichter zusammen und ein Leuchten erfüllt allmählich den gesamten Himmel.
Im Mittelpunkt der Galaxis ist alles von Licht erfüllt.
Junge Sterne strahlen hell und lassen die weißen Wolken hinter sich, in denen sie entstanden sind.
Zwei Sterne kreisen so eng umschlungen umeinander, dass sie Schweife hinter sich herziehen und zu verschmelzen scheinen.






Über der galaktischen Ebene - die Kugelsternhaufen

Das Raumschiff PLEIADES lässt den Kern der Galaxis hinter sich und steigt in einem hohen Bogen über der galaktische Ebene auf.
Unter dem Schiff liegen nun die Spiralarme der Milchstraße.
In der Ferne funkeln hier und dort die Kugelsternhaufen, die wie Glühwürmchenschwärme aussehen, die um die Galaxis kreisen, wie die Planeten um die Sonne.
Erik setzt Kurs auf einen der nahegelegenen Kugelsternhaufen, der sich auf der der Sonne abgewandten Seite des galaktischen Kerns befindet und die Bezeichnung M80 trägt.
So ein Haufen kann mitunter Millionen von Sternen enthalten und bei M80 stehen sie auch noch so dicht gedrängt, dass Erik – selbst als er mit seinem Schiff in den Haufen hineinfliegt – die einzelnen Sterne kaum auseinander halten kann.



Langsam durchquert die PLEIADES den Kugelsternhaufen.
Je näher sie dem Zentrum kommt, desto höher wird die Sternenkonzentration und das Licht der Sterne vereinigt sich zu einem fahlen Schein, der Erik an die Morgenröte erinnert, die man sehen kann, wenn die Sonne gerade aufgeht.
Doch hier, in M80, gehen Millionen von Sonnen gleichzeitig auf beziehungsweise unter.
Im Zentrum des Haufens wird die Pilotenkanzel der PLEIADES von dem Schein der unzähligen Sterne erfüllt und Erik ist von dem fantastischen Anblick, der sich ihm bietet, völlig gebannt.
Nachdem sein Raumschiff das Zentrum passiert hat, nehmen der Schein und die Sternendichte allmählich wieder ab.
Als die letzten Sterne vorbei gezogen sind, schaltet Erik die Heckkamera ein und blickt M80, der hinter dem Raumschiff zurück bleibt, noch ein paar Sekunden wehmütig nach.
Dann schaltet er wieder auf die Frontalkamera um und steuert sein Schiff nach Hause.






Wieder Zuhause

Ein Planet nach dem anderen fliegt vorüber, als sich Erik der Erde nähert.
Die PLEIADES wird von ihm wieder fein säuberlich unter dem Astrodom geparkt und dann schlendert er, eine fröhliche Melodie pfeifend, nach Hause.
Als seine Mutter von der Arbeit kommt, fragt sie ihn, was er denn den ganzen Tag getrieben habe.
Erik schaut sie ganz unschuldig an und sagt dann: "Och ... nichts besonderes."







Eriks Reiseroute





Karte der Milchstrasse






Alte Fenster erstrahlen in neuem Glanz

1988 veröffentlichte der bekannte Sänger Chris Rea ein Album mit dem Titel „New Light through old Windows“ (dt.: Alte Fenster erstrahlen in neuem Glanz), auf dem er aufgefrischte Versionen einiger seiner Hits – wie „I can hear your Heartbeat“ oder „Stainsby Girls“ - veröffentlichte.
Von Zeit zu Zeit verspüre auch ich den Drang, hie und da Renovierungsarbeiten machen zu müssen.
Entweder fallen mir bei älteren Bildern Verbesserungen ein oder andere – die manchmal im Eifer des Gefechtes entstanden – werden komplett ausgetauscht.
Bereits Mitte 2010 hatte ich in „Reise zu den Sternen“ die Bilder des PLEIDES-Kontrollraumes ersetzt, der zu Beginn noch sehr eintönig aussah (Die Leser der ersten Stunde werden sich vielleicht noch erinnern können. Die Wände und der Boden des Kontrollraums waren in der ersten Version hellgrau und es gab noch keine Details.).
Sehr selten passiert es, dass eine Geschichte eine Komplettrenovierung erlebt.
Nach über drei Jahren hat „Reise zu den Sternen“ nun ein solches Update erhalten und fast alle Bilder der alten Bilder sind unter die Dampfwalze geraten.
Nur bei dem, auf dem die PLEIADES die Heliosphäre der Sonne hinter sich lässt und in den interstellaren Raum vorstößt, fiel es mir sehr schwer, da ich dieses unter sehr großen Mühen gezeichnet hatte und es mir persönlich sehr am Herzen lag.
Kurzzeitig spielte ich mit dem Gedanken, es nur zu überarbeiten, habe mich dann aber doch durchgerungen, es durch ein neues zu ersetzen.
Die Darstellung der Heliosphäre dürfte ihrem wahren Aussehen nun sehr nahe kommen (Ob dies wirklich so ist, wird man erst wissen, wenn entweder eine Sonde oder ein Raumschiff uns ein Bild von außen schickt.).
Normalerweise tue ich alte Bilder aus dem Speicher löschen.
Dieses mal habe ich aber eine Ausnahme gemacht und das alte Bild mit dem Namen „001_090_heliopause“ bekommt hier in diesem Nachwort einen Ehrenplatz.



Noch ein paar kleine Anmerkungen zu dem neuen Bild.
Wie im alten Bild sieht man die Sonne, umgeben von der Heliosphäre und die Heliopause wie einen Kometenschweif hinter sich herziehend.
In der Flugrichtung der Sonne – da wo die Heliopause auf Wasserstoffwolken im interstellaren Raum trifft – ist die Schockwelle zu sehen.
Solche Schockwellen wurden bereits bei anderen Sternen beobachtet, aber seit 2012 ist man sich in der Fachwelt nicht mehr so sicher, ob das Sonnensystem auch eine solche Bugwelle hat, da die Geschwindigkeit der Sonne möglicherweise zu gering ist, um eine solche entstehen zu lassen.
Innerhalb der Heliosphäre kann man die äußeren Planeten als kleine Punkte erkennen (Die äußeren Planeten sind auf dem Bild zwar sehr klein, aber immer noch viel zu groß dargestellt.
In Wirklichkeit müsste man sie aus dieser Entfernung mit der Lupe suchen. Vermutlich könnte man nur den größten der Gasriesen – Jupiter – noch einigermaßen erkennen.).
Von links nach rechts haben wir hier Uranus, Saturn, Jupiter und Neptun.